Pflichtethik

Immanuel Kant

Immanuel Kants Pflichtethik hat unsere Welt aus den Angeln gehoben. Das wichtigste Gesetz unserer Zeit, der Schutz der Menschenwürde, findet seinen Ursprung in den Überlegungen von Kant. Seine Ethik und Forschung prägen noch heute unseren Alltag. Kant ist der wohl bedeutendste Denker der abendländischen Philosophie.

Inhalt

Biografie

Immanuel Kant (* 22. April 1724 in Königsberg (Preußen); † 12. Februar 1804 ebenda) war ein deutscher Philosoph der Aufklärung sowie unter anderem Professor der Logik und Metaphysik in Königsberg. Kant gehört zu den bedeutendsten Vertretern der abendländischen Philosophie. Sein Werk Kritik der reinen Vernunft kennzeichnet einen Wendepunkt in der Philosophiegeschichte und den Beginn der modernen Philosophie.

Zitate

Original Textauszug

Das uneingeschränkte Gute:
Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille. […] Macht, Reichtum, Ehre, selbst Gesundheit und das ganze Wohlbefinden und Zufriedenheit […] machen Mut und hierdurch öfters auch Übermut, wo nicht ein guter Wille da ist, der den Einfluss derselben aufs Gemüt und hiermit auch das ganze Prinzip zu handeln berichtige und allgemein zweckmäßig mache […].
[…]

Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder ausrichtet, nicht durch seine Tauglichkeit zur Erreichung irgendeines vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch das Wollen, d. i. an sich gut, und, für sich selbst betrachtet, ohne Vergleich weit höher zu schätzen als alles, was durch ihn zu Gunsten irgendeiner Neigung, ja wenn man will, der Summe aller Neigungen, nur immer zustande gebracht werden könnte.
Wenngleich bei seiner größten Bestrebung dennoch nichts von ihm [dem guten Willen] ausgerichtet würde und nur der gute Wille […] übrig bliebe: so würde er wie ein Juwel doch für sich selbst glänzen, als etwas, das seinen vollen Wert in sich selbst hat.

Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Hrsg. von Theodor Valentiner. Reclam, Stuttgart 1961. S. 28-30

 

Handeln aus Pflicht:
Um aber den Begriff eines an sich selbst hochzuschätzenden und ohne weitere Absicht guten Willens […] zu entwickeln, wollen wir den Begriff der Pflicht vor uns nehmen. [… ]
Ich übergehe hier alle Handlungen, die schon als pflichtwidrig erkannt werden, ob sie gleich in dieser oder jener Absicht nützlich sein mögen; denn bei denen ist gar nicht einmal die Frage, ob sie aus Pflicht geschehen sein mögen, da sie dieser sogar widerstreiten. Ich setze auch die Handlungen beiseite, die wirklich pflichtmäßig sind […]. Denn da lässt sich leicht unterscheiden, ob die pflichtmäßige Handlung aus Pflicht oder aus selbstsüchtiger Absicht geschehen sei.

Weit schwerer ist dieser Unterschied zu bemerken, wo die Handlung pflichtmäßig ist und das Subjekt noch überdem unmittelbare Neigung zu ihr hat. Z. B. es ist allerdings pflichtmäßig, dass der Krämer seinen unerfahrenen Käufer nicht überteuere, und, wo viel Verkehr ist, tut dieses auch der kluge Kaufmann nicht, sondern hält einen festgesetzten allgemeinen Preis für jedermann, so dass ein Kind ebenso gut bei ihm kauft wie jeder andere. Man wird also ehrlich bedient; allein das ist lange nicht genug, um deswegen zu glauben, der Kaufmann habe aus Pflicht und Grundsätzen der Ehrlichkeit so verfahren; sein Vorteil erforderte es; dass er aber überdem noch eine unmittelbare Neigung zu den Käufern haben sollte, um gleichsam aus Liebe keinem vor dem anderen im Preise den Vorzug zu geben, lässt sich hier nicht annehmen. Also war die Handlung weder aus Pflicht noch aus unmittelbarer Neigung, sondern bloß in eigennütziger Absicht geschehen. […]

Wohltätig sein, wo man kann, ist Pflicht, und überdem gibt es manche so teilnehmend gestimmte Seelen, dass sie auch ohne einen andern Bewegungsgrund der Eitelkeit oder des Eigennutzes ein inneres Vergnügen daran finden, Freude um sich zu verbreiten […]. Aber ich behaupte, dass in solchem Falle dergleichen Handlung, so pflichtmäßig, so liebenswürdig sie auch ist, dennoch keinen wahren sittlichen Wert habe […], denn der Maxime fehlt der sittliche Gehalt, nämlich solche Handlungen nicht aus Neigung, sondern aus Pflicht zu tun.

Gesetzt also, das Gemüt […] [eines] Menschenfreundes wäre vom eigenen Gram umwölkt, der alle Teilnehmung an anderer Schicksal auslöscht, […] fremde Not rührte ihn nicht, weil er mit seiner eigenen genug beschäftigt ist, und nun, da keine Neigung ihn mehr dazu anreizt, risse er sich doch aus dieser tödlichen Unempfindlichkeit heraus und täte die Handlung ohne alle Neigung, lediglich aus Pflicht, alsdann hat sie allererst ihren echten moralischen Wert. […]

Was ich unmittelbar als Gesetz für mich erkenne, erkenne ich mit Achtung. […]
Pflicht ist die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz.

ebd., S. 33-36, 37, 40 (Anmerkung), 38

 

Kategorischer Imperativ:
Was kann das aber wohl für ein Gesetz sein, dessen Vorstellung, auch ohne auf die daraus erwartete Wirkung Rücksicht zu nehmen, den Willen bestimmen muss, damit dieser schlechterdings und ohne Einschränkung gut heißen könne? […].

[Es] bleibt nichts als die allgemeine Gesetzmäßigkeit der Handlungen überhaupt übrig, welche allein dem Willen zum Prinzip dienen soll, d. i. ich soll niemals anders verfahren, als so, dass ich auch wollen könne, meine Maxime solle ein allgemeines Gesetz werden.

Die Vorstellung eines objektiven Prinzips, sofern es für einen Willen nötigend ist, heißt Gebot (der Vernunft), und die Formel des Gebots heißt Imperativ. […]
Alle Imperativen […] sagen, dass etwas zu tun oder unterlassen gut sein würde […und sind] entweder hypothetisch oder kategorisch. […]

Der hypothetische Imperativ sagt also nur, dass die Handlung zu irgendeiner möglichen oder wirklichen Absicht gut sei. […] Der kategorische Imperativ würde der sein, welcher eine Handlung für sich, ohne Beziehung auf einen andern Zweck, als objektiv notwendig vorstellte. […]
Wenn ich mir einen hypothetischen Imperativ überhaupt denke, so weiß ich nicht zum voraus, was er enthalten werde: bis mir die Bedingung gegeben ist.

Denke ich mir aber einen kategorischen Imperativ, so weiß ich sofort, was er enthalte. Denn da der Imperativ außer dem Gesetze nur die Notwendigkeit der Maxime enthält, diesem Gesetze gemäß zu sein […] so bleibt nichts anderes als die Allgemeinheit eines Gesetzes überhaupt übrig, welchem die Maxime der Handlung gemäß sein soll, und welche Gemäßheit allein den Imperativ als notwendig vorstellt.

Der kategorische Imperativ ist also nur ein einziger, und zwar dieser: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. […]

Weil die Allgemeinheit des Gesetzes, wonach Wirkungen geschehen, dasjenige ausmacht, was eigentlich Natur im allgemeinsten Verstande […] heißt, […] so könnte der allgemeine Imperativ der Pflicht auch so lauten: handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetze werden sollte.

ebd., S. 40-43, S. 56-57, 58, 59, 58, 67

 

Maximen auf dem Prüfstand – Selbsttötung:
Einer, der durch eine Reihe von Übeln, die bis zur Hoffnungslosigkeit angewachsen ist, einen Überdruss am Leben empfindet, ist noch so weit im Besitze seiner Vernunft, dass er sich selbst fragen kann, ob es auch nicht etwa der Pflicht gegen sich selbst zuwider sei, sich das Leben zu nehmen. Nun versucht er: ob die Maxime seiner Handlung wohl ein allgemeines Naturgesetz werden könne. Seine Maxime aber ist: ich mache es mir aus Selbstliebe zum Prinzip, wenn das Leben bei seiner längern Frist mehr Übel droht, als es Annehmlichkeit verspricht, es mir abzukürzen.

Es fragt sich nur noch, ob dieses Prinzip der Selbstliebe ein allgemeines Naturgesetz werden könne. Da sieht man aber bald, dass eine Natur, deren Gesetz es wäre, durch dieselbe Empfindung, deren Bestimmung es ist, zur Beförderung des Lebens anzutreiben, das Leben selbst zu zerstören, ihr selbst widersprechen und also nicht als Natur bestehen würde, mithin jene Maxime unmöglich als allgemeines Naturgesetz stattfinden könne und folglich dem obersten Prinzip aller Pflicht gänzlich widerstreite.

ebd., S. 72, 68-71

 

Der Mensch als Zweck an sich selbst:
Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde. […]
Sittlichkeit und die Menschheit, sofern sie derselben fähig ist, [ist] dasjenige, was allein Würde hat. […]

Die Vernunft bezieht […] jede Maxime des Willens als allgemein gesetzgebend auf jeden anderen Willen und auch auf jede Handlung gegen sich selbst […] aus der Idee der Würde eines vernünftigen Wesens, das keinem Gesetze gehorcht als dem, das es zugleich selbst gibt. […]
Autonomie ist also der Grund der Würde der menschlichen und jeder vernünftigen Natur. […]

Gesetzt […], es gäbe etwas, dessen Dasein an sich selbst einen absoluten Wert hat, was als Zweck an sich selbst ein Grund bestimmter [moralischer] Gesetze sein könnte, so würde in ihm und nur in ihm allein der Grund eines möglichen kategorischen Imperativs, d. i. praktischen Gesetzes liegen.

Nun sage ich: der Mensch und überhaupt jedes vernünftige Wesen existiert als Zweck an sich selbst nicht bloß als Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen, sondern muss in allen seinen sowohl auf sich selbst als auch auf andere vernünftige Wesen gerichteten Handlungen jederzeit zugleich als Zweck betrachtet werden. […]
Die Wesen, deren Dasein zwar nicht auf unserm Willen, sondern der Natur beruht, haben dennoch, wenn sie vernunftlose Wesen sind, nur einen relativen Wert, als Mittel. […]

Der praktische Imperativ wird also folgender sein: Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.

ebd., S. 77-79, S. 87, 88, 87, 89

 

Ein Recht auf Lüge?
[…] Die Lüge also, bloß als vorsätzlich unwahre Deklaration gegen einen andern Menschen definiert, […] schadet jederzeit einem anderen, wenn gleich nicht einem andern Menschen, doch der Menschheit überhaupt, indem sie die Rechtsquelle unbrauchbar macht.

[…] Wer also lügt, so gutmütig er dabei auch gesinnt sein mag, muss die Folgen davon, selbst vor dem bürgerlichen Gerichtshofe, verantworten und dafür büßen[…]: weil Wahrhaftigkeit eine Pflicht ist, die als die Basis aller auf Vertrag zu gründenden Pflichten angesehn werden muss, deren Gesetz, wenn man ihr auch nur die geringste Ausnahme einräumt, schwankend und unnütz gemacht wird.

[…] Jeder Mensch aber hat nicht allein ein Recht, sondern sogar die strengste Pflicht zur Wahrhaftigkeit in Aussagen, die er nicht umgehen kann […].

Immanuel Kant: Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu lügen (1797), in: Georg Geismann / Hariolf Ober: Kant und das Recht der Lüge. Könighausen und Neumann, Würzburg 1986. S. 36-37, 38

Lernzettel

  • deontologische Ethik → orientiert sich an der Voraussetzung moralischen Handelns, d.i. der Pflicht; nicht an den Folgen
  • Kant suchte nach einem absolut gültigen Moralgesetz
    → entspringt der praktischen Vernunft; nicht aus Neigungen
  • moralisch seien Handlungen, die aus gutem Willen, d.h. aus Pflicht, geschehen
  • guter Wille = Wille, aus Pflicht zu handeln, nicht aus Neigung oder Eigennutz
  • Pflicht besteht darin, dem durch die Vernunft erdachten Moralgesetz zu folgen
  • Kategorischer Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

 

Grundannahme:
Freiheit in menschlichem Handeln ist möglich; der Mensch als Vernunftwesen ist frei, weil er sich selbst zu sittlichem Handeln verpflichten kann
Autonomie des Willens: Der Mensch ist nur frei, wenn er sich eigene Moralgesetze auferlegen und diese befolgen kann; tut er dies nicht, ist er seinen Trieben unterworfen
→ Aus dieser Beobachtung kann Kant sein Moralgesetz, den Kategorischen Imperativ, ableiten: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Was folgt aus der Autonomie?
Aufgrund seiner Autonomie besitzt der Mensch, so Kant, Würde und einen unabwägbaren Wert
→ Daher dürfe der Mensch niemals Mittel zum Zweck sein, sondern müsse immer Zweck selbst sein; Menschheitszweckformel als Formulierung des KI: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“

 

Wie wird die Moralität einer Handlung geprüft?
1. Aufstellen einer Maxime als Prinzip der Willensbestimmung
2. Aus der Maxime wird der Imperativ gebildet.
3. Es folgt ein hypothetischer oder kategorischer Imperativ.
4. Aus dem jeweiligen Imperativ ergibt sich die Art und der moralische Wert der Handlung.

 

Unterscheidung der Handlungsarten:
pflichtwidrige Handlung = Handlung, die gegen das moralische Gesetz verstößt, d.h. der Pflicht widerstreitet → unmoralisch
pflichtmäßige Handlung = entspricht der Legalität; verfolgt einen Zweck oder ist abhängig von Neigungen → kein moralischer Wert
Handlung aus Pflicht = Handlung ist an sich gut, denn sie geschieht aus gutem Willen; notwendig und allgemeingültig → moralisch

 

Kategorischer vs. hypothetischer Imperativ – was liegt vor?
Schritt 1: Enthält die Maxime eine Zweckformulierung oder Neigungen?

Option 1: Die Maxime enthält einen Zweck bzw. Neigungen: Der Imperativ kann maximal hypothetisch sein; Die Maxime muss folgend auf ihre Universalisierbarkeit geprüft werden.

Schritt 2: Ist die zweckgebundene Maxime universalisierbar?
→ 2.1 Ja, die zweckgebundene Maxime ist universalisierbar: Der Imperativ ist hypothetisch und die Handlung pflichtmäßig, da die Handlung zwar äußerlich dem kategorischen Imperativ entspricht, aber abhängig von Neigungen bzw. einem Zweck ist → kein moralischer Wert
→ 2.2 Unterscheidung der inneren und äußeren Handlung bzw. der vollkommenen und unvollkommenen Pflicht + Bildung der Imperative:
Bsp.: „Ich will lügen, um jemanden zu schützen.“
ä: Ich will lügen. → Lüge!
→ verstößt gegen die vollkommene Pflicht, die Wahrheit zu sagen
i: Ich will jemanden schützen. → Schütze jemanden!
→ entspricht der unvollkommenen Pflicht, des Schützens anderer Menschen
Also: Nein, die Maxime ist nicht universalisierbar und verstößt gegen das Moralgesetz (Formeln des KI); es folgt eine pflichtwidrige Handlung → unmoralisch

Option 2: Die Maxime enthält keinen Zweck und keine Neigungen → Sie ist Anwärter auf einen kategorischen Imperativ und muss weiterführend auf ihre Universalisierbarkeit geprüft werden.

Schritt 2: Ist die Maxime universalisierbar?
→ 2.1 Nein, die Maxime ist nicht universalisierbar: Es folgt eine pflichtwidrige Handlung, da sie gegen das (moralische) Gesetz verstößt → unmoralisch
→ 2.2 Ja, die Maxime ist universalisierbar, d.h. sie entspricht den Formeln des KI: Es folgt ein kategorischer Imperativ und eine Handlung aus Pflicht, denn die Handlung geschieht aus gutem Willen und ist notwendig und allgemein gültig → moralisch

 

Was sind vollkommene & unvollkommene Pflichten?
vollkommene Pflicht = Unterlassungspflicht (z.B. Du sollst nicht lügen.); kein Spielraum in der Ausübung
unvollkommene Pflicht = Begehungspflicht (z.B. Hilf bedürftigen Menschen.); Spielraum: Du kannst selbst entscheiden wann und welchem Bettler du Geld gibst.

 

Das unten in mehrere Teile aufgeteilte Schaubild findest du hier als vollständige PDF

Schaubild

Klausurtext

Tragfähigkeit

  • die Würde und das Recht jedes Menschen müssen geachtet und geschützt werden
  • der Mensch ist frei und kann sich selbst dazu verpflichten, aus Pflicht zu handeln
  • objektive Gültigkeit, da die Moral in den Maximen und nicht im Menschen liegt → nur die Fähigkeit, Moral zu erkennen und moralisch zu handeln liegt im Menschen
  • basiert auf logischen Schlüssen → widersprüchliche Handlungen können nicht moralisch sein (s. Argument Selbstmord vs. Selbsterhaltung aus Selbstliebe)
  • Maximen müssen als allgemeines Gesetz gelten können → Handlungen aus Pflicht können also nach Möglichkeit auch als Gesetz fungieren
  • Menschheitszweckformel schützt den Menschen davor, als Mittel benutzt zu werden und damit auch seine Würde
  • der kategorische Imperativ fordert, dass der Mensch seine Neigungen zurückstellt und nur mithilfe seiner Vernunft entscheidet → in der Gesellschaft kaum möglich, da die meisten Menschen nach Neigungen handeln
  • es ist manchmal kaum möglich, nach dem kategorischen Imperativ zu handeln, wenn zuvor nicht danach gehandelt worden ist (s. Nahost-Konflikt) → so müssen in manchen Fällen schlimme Folgen in Kauf genommen werden
  • Kant erhebt absoluten Anspruch, der für alle vernunftfähigen Wesen gelten soll → dieser Anspruch ist schwierig (s. hypothetische Vernunftbienen)
  • auf Umweltschutz und Tierrechte gibt es keine klare Antwort (zu der Zeit nicht möglich)

Teste dein Wissen

Kants Ziel war es, ein absolut geltendes, objektives Moralgesetz zu finden, nach dem jedes Vernunftwesen handeln kann und durch das es immer Zweck an sich bleibt und niemals als Mittel zum Zweck missbraucht wird.

Sein Moralgesetz ist nicht vom Subjekt abhängig, da es nicht auf Emotionen (s. Utilitarismus: Leid-Freude-Prinzip) basiert, sondern die Moralität in den Maximen sucht und durch Logik bewertet wird.

Außerdem orientiert sich die Pflichtethik an der Intention einer Handlung Handelns, d.i. die Pflicht bzw. der gute Wille, wohingegen der Utilitarismus Folgen bewertet, die wir nicht sicher kennen können.

Eine moralische Handlung setzt den gute Willen voraus, d.i. der Wille, das Moralgesetz der Vernunft achten zu wollen. Eine moralische Handlung führt man also aus, weil sie vernünftig ist und nicht aus Neigungen, Emotionen oder um sich einen Vorteil zu verschaffen.

Einflussquelle darf nur die Vernunft sein, nicht aber Neigungen oder Erfahrungen, denn diese sind subjektiv und würden einem objektiven Moralgesetz im Wege stehen.

→ pflichtwidrige Handlung: unmoralisch, da sie gegen das Moralgesetz verstößt, ggf. sogar durch einen „schlechten Willen“ motiviert

→ pflichtmäßige Handlung: kein moralischer Wert, da sie als Mittel zum Zweck dient und Neigungen oder Erfahrungen beigemischt sind; daher ist eine solche Handlung nicht universalisierbar

→ Handlung aus Pflicht: moralisch, denn sie ist allgemein gültig & geschieht aus gutem Willen, unabhängig von Neigungen und Erfahrungen

Nein, solange sie eine Handlung aus Pflicht war, also durch den guten Willen motiviert, ist sie auch bei unerwartet schlechten Konsequenzen moralisch.  Da die deontologische Ethik NICHT auf die Folgen schaut, spielen die Konsequenzen der Handlung für die Moralität keine Rolle.

Maxime: Richtschnur; Prinzip des Willens oder Wollens, eine Art Lebensregel → „Ich will jeden Tag eine gute Tat vollbringen“

Imperativ: Befehlsform der Maxime → muss allgemeingültig sein, um kategorisch zu sein → „Vollbringe jeden Tag eine gute Tat“

Pflichtmäßige Handlungen haben lediglich keinen moralischen Wert, da sie meist auf Neigungen basieren, sind aber erlaubt. → „Ich will heute Abend eine Pizza essen“ → Hier ist die Neigung, die Lust auf Pizza, vorhanden, sodass es sich nicht um eine moralische Handlung handelt. Dennoch ist das Essen von Pizza nicht verboten.

Pflichtwidrige Handlungen hingegen verletzen das Moralgesetz, denn sie verstoßen gegen die Formeln des KI, und sind folglich unmoralisch und verboten.

Universalisierungsformel: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Menschheitszweckformel: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“

→ kategorischer Imperativ: eine Handlung ist in sich gut, also auch notwendig & allgemein gültig, die Formulierung ist unabhängig von Neigungen oder Erfahrungen und verfolgt keine persönlichen Zwecke

→ hypothetischer Imperativ: eine Handlung ist nicht in sich, sondern nur als Mittel zum Zweck gut, also auch nicht universalisierbar, meist ist sie geprägt von Neigungen oder Erfahrungen

1) Ich will lügen, wenn ich mich dadurch aus einer unangenehmen Situation befreien kann.

2) Schnellprüfung: Die Maxime ist in ihrer Form hypothetisch, sie kann ohnehin schon nicht moralisch bzw. allgemeingültig sein, denn sie ist abhängig von der Neigung, dass ich mir persönlich einen Vorteil in einer unangenehmen Situation verschaffen will.

3) Ziel sollte es also sein, eine von Neigungen unabhängige Maxime zu finden. Man könnte bspw. formulieren „Ich will immer lügen.“ Diese Maxime ist unabhängig von Neigungen und könnte kategorisch gelten. Daher formulieren wir einen entsprechenden Imperativ: „Lüge immer!“ (Hier ist es wichtig, dass ein wirklicher Imperativ, also ein Gesetz  formuliert wird!)

4) Wir prüfen den Imperativ mit der Universalisierungsformel und stellen fest: Er verstrickt sich in einen logischen Widerspruch, denn wenn es ein allgemeines Gesetz würde, dass jeder immer lügt, würde die Lüge keinen Sinn mehr ergeben, denn diese beruht schließlich darauf, dass man den anderen zu täuschen versucht, während dieser glaubt, dass man die Wahrheit sagt. Würde die Lüge zum allgemeinen Gesetz, wüsste jeder, dass er belogen wird, womit der Zweck einer Lüge verfehlt würde.

5) Da wir einen logischen Widerspruch gefunden haben, verstößt die Maxime gegen das moralische Gesetz. Somit ist die Handlung pflichtwidrig.

 

Lernmaterial

Ein guten Überblick zur Pflichtethik bilden die folgenden Videos:
Immanuel Kant | Guter Wille und Handlungsarten

Immanuel Kant | Der kategorische Imperativ (Universalisierungsformel) (youtube.com)

Kant – Sophie Und Der Kategorische Imperativ (youtube.com)

Kant: Was ist eine Maxime? Einfach erklärt! AMODO, Philosophie begreifen!

 

Fallbeispiel zum Lernen 1:
Eine Erzieherin wird von einem Kind um etwas gebeten, das offensichtlich nicht gut für die Erziehung des Kindes ist: Das Kind hat sich gegenüber anderen Kindern respektlos verhalten und bekommt nun ein Time-Out – es darf vorerst nicht mehr mit den anderen Kindern spielen. Infolge dessen weint und schreit das Kind, weil es weiterhin mit den anderen Kindern spielen möchte.  Die Erzieherin ist hin- und hergerissen. Sie überlegt, ob sie dem Kind sein „Spielrecht“ zurückgeben oder es einfach weiter weinen lassen sollte.

Bewerte das Fallbeispiel aus Sicht der Kantischen Pflichtethik.

 

Fallbeispiel zum Lernen 2:
Die Organspende wird von 88 % der Bevölkerung akzeptiert und 61 % sind selbst dazu bereit, nach dem Tod mit den eigenen Organen Leben zu retten. Dennoch gibt es immer noch viel zu wenig Organspenden in Deutschland, um allen, die auf Spenderorgane angewiesen sind, zu helfen. Das liegt nach Experteneinschätzung an der hier geltenden Zustimmungsregelung, nach der Organe nur entnommen werden können, wenn der Betreffende ausdrücklich zugestimmt hat. Lediglich ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung weiß von dieser Regelung und hat einen Organspendeausweis ausgefüllt. In anderen Ländern, beispielsweise Luxemburg, Italien und Österreich, gilt dagegen die Widerspruchsregelung. Sie legt fest, dass grundsätzlich jeder Verstorbene als Organspender in Frage kommt, sofern er sich nicht zu Lebzeiten ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. Wäre es nicht besser, auch in Deutschland die Widerspruchsregelung anzuwenden, damit mehr Menschen, die auf Organspenden angewiesen sind, weiterleben können?

 

Fallbeispiel zum Lernen 3:
In und um Duisburg kommt es im täglichen Berufsverkehr zu kilometerlangen Staus, wodurch tausende von Menschen auf ihren Fahrten mit dem Auto behindert werden. Um den Verkehr zu entzerren, soll die Stadtautobahn auf sechs Spuren ausgebaut wer- den. Dazu muss allerdings ein Haus abgerissen werden. Der Eigentümer, die Familie Heintze, die mit drei Generationen in dem Haus lebt, lehnt es ab, ihr Haus an die Stadt Duisburg zu verkaufen. Deshalb erwägt die Stadt, Familie Heintze gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung zu enteignen. Halten Sie einen solchen Entschluss für gerechtfertigt, um die Autobahn bauen und den Verkehr entlasten zu können?

 

Alltagsbeispiele zur Anwendung der Position:
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