Kritizismus

Immanuel Kant

Immanuel Kant revolutionierte mit seiner Kritik der reinen Vernunft die Philosophie, indem er die Grenzen des menschlichen Wissens und die Bedingungen der Möglichkeit von Erfahrung untersuchte. Er forderte die traditionelle Metaphysik heraus und eröffnete neue Wege des Denkens über Erkenntnis und Wirklichkeit. Anstatt sich auf das Objekt der Erkenntnis selbst zu konzentrieren, fragt Kant nach den apriorischen Bedingungen, die im Subjekt liegen und Erkenntnis überhaupt erst ermöglichen.

Inhalt

Biografie

Immanuel Kant (* 22. April 1724 in Königsberg (Preußen); † 12. Februar 1804 ebenda) war ein deutscher Philosoph der Aufklärung sowie unter anderem Professor der Logik und Metaphysik in Königsberg. Kant gehört zu den bedeutendsten Vertretern der abendländischen Philosophie. Sein Werk „Kritik der reinen Vernunft“ kennzeichnet einen Wendepunkt in der Philosophiegeschichte und den Beginn der modernen Philosophie.

Zitate

Original Textauszug

Die kopernikanische Wende der Philosophie:
[D]ie Vernunft [sieht] nur das ein […], was sie selbst nach ihrem Entwurf hervorbringt, dass sie mit Prinzipien ihrer Urteile nach beständigen Gesetzen vorangehen und die Natur nötigen müsse, auf ihre Fragen zu antworten […].
[…]
Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten; aber alle Versuche, über sie a priori etwas durch Begriffe auszumachen, wodurch unsere Erkenntnis erweitert würde, gingen unter dieser Voraussetzung zunichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, dass wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntnis richten, welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit einer Erkenntnis derselben a priori zusammenstimmt, die über Gegenstände, ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen soll.

Es ist hiermit ebenso als mit den ersten Gedanken des Kopernikus bewandt, der, nachdem es mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht gut fort wollte, wenn er annahm, das ganze Sternheer drehe sich um den Zuschauer, versuchte, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er den Zuschauer sich drehen und dagegen die Sterne in Ruhe ließ.

In der Metaphysik kann man nun, was die Anschauung der Gegenstände betrifft, es auf ähnliche Weise versuchen. Wenn die Anschauung sich nach der Beschaffenheit der Gegenstände richten müsste, so sehe ich nicht ein, wie man a priori von ihr etwas wissen könne; richtet sich aber der Gegenstand (als Objekt der Sinne) nach der Beschaffenheit unseres Anschauungsvermögens, so kann ich mir diese Möglichkeit ganz wohl vorstellen. […]

Immanuel Kant: Werke in zehn Bänden. Hrsg. von Wilhelm Weischedel. Bd. 3: Kritik der reinen Vernunft, Sonderausgabe. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983. S. 23-27

 

Erkenntnis und Erfahrung:
Dass alle unsere Erkenntnis mit der Erfahrung anfange, daran ist gar kein Zweifel; denn wodurch sollte das Erkenntnisvermögen sonst zur Ausübung erweckt werden, geschähe es nicht durch Gegenstände, die unsere Sinne rühren und […] teils unsere Verstandestätigkeit in Bewegung bringen, diese zu vergleichen, sie zu verknüpfen oder zu trennen, und so den rohen Stoff sinnlicher Eindrücke zu einer Erkenntnis der Gegenstände zu verarbeiten, die Erfahrung heißt. Der Zeit nach geht also keine Erkenntnis in uns vor der Erfahrung vorher, und mit dieser fängt alle an.

Wenn aber gleich alle unsere Erkenntnis mit der Erfahrung anhebt, so entspringt sie darum doch nicht eben alle aus der Erfahrung.

Es ist also wenigstens eine der näheren Untersuchung noch benötigte […] Frage: ob es ein dergleichen von der Erfahrung und selbst von allen Eindrücken der Sinne unabhängiges Erkenntnis gebe.
Man nennt solche Erkenntnisse a priori, und unterscheidet sie von den empirischen, die ihre Quellen a posteriori, nämlich in der Erfahrung, haben. […]

Erfahrung lehrt uns zwar, dass etwas so oder so beschaffen sei, aber nicht, dass es nicht anders sein könne. Findet sich also erstlich ein Satz, der zugleich mit seiner Notwendigkeit gedacht wird, so ist er ein Urteil a priori. […] Wird also ein Urteil in strenger Allgemeinheit gedacht, d. i. so, dass gar keine Ausnahme als möglich verstattet wird, so ist es nicht von der Erfahrung abgeleitet, sondern schlechterdings a priori gültig. Notwendigkeit und strenge Allgemeinheit sind also sichere Kennzeichen einer Erkenntnis a priori, und gehören auch unzertrennlich zu einander.

ebd., S. 45-47

 

Analytische und synthetische Urteile:
In allen Urteilen, worinnen das Verhältnis eines Subjekts zum Prädikat gedacht wird […], ist dieses Verhältnis auf zweierlei Art möglich.

Entweder das Prädikat B gehört zum Subjekt A als etwas, was in diesem Begriffe A (versteckter Weise) enthalten ist; oder B liegt ganz außer dem Begriff A, ob es zwar mit demselben in Verknüpfung steht. Im ersten Fall nenne ich das Urteil analytisch, in dem andern synthetisch. […] Die erstere könnte man auch Erläuterungs-, die andere Erweiterungsurteile heißen, weil jene durch das Prädikat nichts zum Begriff des Subjekts hinzutun, […] da hingegen die letztere zu dem Begriffe des Subjekts ein Prädikat hinzutun, welches in jenem gar nicht gedacht war […].

Z.B. wenn ich sage: alle Körper sind ausgedehnt, so ist dies ein analytisch[es] Urteil. Denn ich darf [brauche] nicht über den Begriff, den ich mit dem Körper verbinde, hinausgehen, um die Ausdehnung, als mit demselben verknüpft, zu finden, sondern jenen Begriff nur zergliedern […].
Dagegen, wenn ich sage: alle Körper sind schwer, so ist das Prädikat etwas ganz anderes, als das, was ich in dem bloßen Begriff eines Körpers überhaupt denke. Die Hinzufügung eines solchen Prädikats gibt also ein synthetisch[es] Urteil. Erfahrungsurteile, als solche, sind insgesamt synthetisch […].

Aber bei synthetischen Urteilen a priori fehlt dieses Hilfsmittel ganz und gar. […] Man nehme den Satz: Alles, was geschieht, hat seine Ursache. In dem Begriff von etwas, das geschieht, denke ich zwar ein Dasein, vor welchem eine Zeit vorhergeht etc., und daraus lassen sich analytische Urteile ziehen. Aber der Begriff einer Ursache liegt ganz außer jenem Begriffe, […] ist also in dieser letzteren Vorstellung gar nicht mit enthalten.

ebd., S. 52-55

 

Raum und Zeit:
Vermittelst des äußeren Sinnes (einer Eigenschaft unsres Gemüts) stellen wir uns Gegenstände als außer uns, und diese insgesamt im Raume vor. […]
Alles, was zu den innern Bestimmungen gehört, [wird] in Verhältnissen der Zeit vorgestellt. Äußerlich kann die Zeit nicht angeschaut werden, so wenig wie der Raum. […]

Der Raum ist kein empirischer Begriff, der von äußeren Erfahrungen abgezogen worden. […] Man kann sich niemals eine Vorstellung davon machen, dass kein Raum sei, ob man sich gleich ganz wohl denken kann, dass keine Gegenstände darin angetroffen werden. Er wird also als die Bedingung der Möglichkeit der Erscheinungen […] angesehen, und ist eine Vorstellung a priori, die notwendigerweise äußeren Erscheinungen zum Grunde liegt. […]

Die Zeit ist kein empirischer Begriff, der irgend von einer Erfahrung abgezogen worden. Denn das Zugleichsein oder Aufeinanderfolgen würde selbst nicht in die Wahrnehmung kommen, wenn die Vorstellung der Zeit nicht a priori zum Grunde läge. […] Die Zeit ist eine notwendige Vorstellung, die allen Anschauungen zum Grunde liegt. Man kann in Ansehung der Erscheinungen überhaupt die Zeit selbsten nicht aufheben, ob man zwar ganz wohl die Erscheinungen aus der Zeit wegnehmen kann. Die Zeit ist also a priori gegeben.

ebd., S. 71, 72, 78

 

Anschauung und Begriff:
Unsre Erkenntnis entspringt aus zwei Grundquellen des Gemüts, deren die erste ist, die Vorstellungen zu empfangen (die Rezeptivität der Eindrücke), die zweite das Vermögen, durch diese Vorstellungen einen Gegenstand zu erkennen (Spontaneität der Begriffe); durch die erstere wird uns ein Gegenstand gegeben, durch die zweite wird dieser im Verhältnis auf jene Vorstellung (als bloße Bestimmung des Gemüts) gedacht. Anschauung und Begriffe machen also die Elemente aller unsrer Erkenntnis aus, so dass weder Begriffe, ohne ihnen auf einige Art korrespondierende Anschauung, noch Anschauung ohne Begriffe, ein Erkenntnis abgeben können. […]

Unsre Natur bringt es so mit sich, dass die Anschauung niemals anders als sinnlich sein kann, d. i. nur die Art enthält, wie wir von Gegenständen affiziert werden. Dagegen ist das Vermögen, den Gegenstand sinnlicher Anschauung zu denken, der Verstand. Keine dieser Eigenschaften ist der andern vorzuziehen. Ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben, und ohne Verstand keiner gedacht werden. Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. […]
Beide Vermögen, oder Fähigkeiten, können auch ihre Funktionen nicht vertauschen. Der Verstand vermag nichts anzuschauen, und die Sinne nichts zu denken. Nur daraus, dass sie sich vereinigen, kann Erkenntnis entspringen. […]

ebd., S. 97-98

Lernzettel

Aufbau der Kritik der reinen Vernunft

  1. Transzendentale Ästhetik (Lehre der Sinnlichkeit) → Raum & Zeit a priori
  2. Transzendentale Logik (Lehre des Denkens)
    2.1. Transzendentale Analytik (Prüfung des Verstandes) → Kategorien a priori & transzendentales Schema
    2.2. Transzendentale Dialektik (Prüfung der Vernunft) → Ideen & Antinomien der reinen Vernunft

 

  • Zentrale Frage der KrV: Was kann ich wissen? → Prüfung des eigenen Verstandes
    1. Beobachtung: „Erfahrung ist der Beginn aller Erkenntnis“
    2. Beobachtung: zwei Quellen der Erkenntnis: Synthese aus Sinnen und Verstand (Anschauungen & Begriffe) → „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“ (Bsp. Kniga & Kugelschreiber)
    3. Beobachtung: Verstand ist zentrales Maß aller Dinge → Gegenstände richten sich nach dem Verstand (s. Kopernikanische Wende nach Kant)

→ mithilfe der Synthese aus Sinnen & Verstand kann der Mensch Urteile bilden

 

Urteilsarten:

  • a priori = Eigenschaft von Urteilen, die von der Erfahrung unabhängig sind und mit der Vernunft gefällt werden
  • a posteriori = Eigenschaft von Urteilen, die auf Basis der Erfahrung gefällt werden
  • analytisches Urteil: Subjekt & Prädikat gehen auseinander hervor
  • synthetisches Urteil: Subjekt & Prädikat gehen nicht auseinanderhervor
  • synthetisches Urteil a posteriori: nicht notwendig & nicht allgemeingültig → machen 99,9% unserer alltäglichen Aussagen aus
  • synthetisches Urteil a priori: notwendig & allgemeingültig; fügen dem Begriff neue Informationen hinzu

analytische & synthetische Urteile a priori = sicheres Wissen, da sie notwendig und allgemein gültig sind
synthetische Urteile a priori gilt es zu suchen, da sie, anders als analytische Urteile, unser Wissen erweitern

 

Beispiele – Urteilsarten:

  • analytisches Urteil a priori: „Körper sind ausgedehnt.“ / „Ein Junggeselle ist ein unverheirateter Mann.“
  • synthetisches Urteil a priori: „5+7=12“ → aus 5+7 geht die 12 hervor, aus der 12 gehen aber nicht 5+7 hervor / „Cogito ergo sum“ 
  • synthetisches Urteil a posteriori: „Schwäne sind weiß.“
  • analytisches Urteil a posteriori: ein solches Urteil aufzustellen, ergibt keinen Sinn

 

Dinge an sich & Erscheinungen:

  • Ding an sich: Teil des Noumenon; darüber kann der Mensch nichts wissen
  • Ding als Erscheinung: Teil des Phänomenon; Gegenstände, wie wir sie wahrnehmen → der Mensch kann nur die Erscheinungen der Dinge wahrnehmen (Bsp. Saturn)

 

Was sind die Bedingungen der Erkenntnis?

  • Bedingungen für die sinnliche Erkenntnis (transz. Ästhetik) sind Raum & Zeit als apriorische Begriffe  → Vorstellungen a priori, die allen Anschauungen zugrunde liegen
  • Bedingungen für die Erkenntnis durch den Verstand (transz. Analytik) sind die Kategorien (= apriorische Verstandesbegriffe) & das transzendentale Schema → ordnen alles Material der Sinne
    → Bsp. Kategorie der Kausalität: Der Kaffee ist kalt, weil er schon so lange rumsteht. → Die kausale Verbindung selbst lässt sich nicht wahrnehmen, sie wird jedoch immer schon mitgedacht.
  • transzendentales Schema (Bsp. Hund): Wir erkennen in der Zeichnung eines spezifischen Hundes das Wesen eines Hundes allgemein, ohne also auf eine Rasse beschränkt zu sein

 

Grenzen menschlicher Erkenntnis – Kapitel „die Insel im Meer“:

,,Dieses Land aber ist eine Insel und durch die Natur selbst in unveränderliche Grenzen eingeschlossen.“ → Wir können außer der Welt der Erscheinungen nichts sicher wissen.
→ Insel: Welt der Dinge als Erscheinungen (Phänomenon) →Erkenntnis erfolgt durch Synthese aus Sinnen & Verstand
→ Ozean: Welt der Dinge an sich (Noumenon) →Vermutungen über die Welt der Dinge an sich kann nur die Vernunft aufstellen

 

Transzendentale Ideen:
1. Unsterblichkeit (Mensch)
2. Freiheit (Welt)
3. Gott
→ Vernunft äußert Urteile, die über die Erfahrung hinausgehen
→ diese Urteile führen zu Antinomien (auch: „Widerstreit der Gesetze“)

 

Antinomien der reinen Vernunft
mathematische Antinomien:
1. Raum & Zeit
2. Materie
→ Thesis und Antithesis schließen sich aus, können also nicht zusammen existieren.
→ Kant löst die falsche Annahme auf, dass Raum und Zeit Dinge an sich seien, denn sie haben nur in unserem Verstand Realität.

dynamische Antinomien:
3. Freiheit & Kausalität in der Natur
4. Gott
-> die Thesen beziehen sich auf die Welt der Dinge an sich
-> die Antithesen beziehen sich auf die Welt der Erscheinungen
-> Thesis und Antithesis der dynamischen Antinomien können als Gegensätze zusammen existieren; sie müssen beide stattfinden können.
Bsp.: Wenn ich einen Ertrinkenden aus dem Wasser ziehe, gibt es 2 mögliche Gründe:
1. Kausalität, weil ich als Rettungsschwimmer dafür bezahlt werde (Phänomenon)
2. Freiheit, weil ich sittlich motiviert bin, ihm das Leben zu retten (Noumenon)

 

Fazit: Aus der Tatsache, dass Freiheit in unserem Handeln möglich ist, leitet Kant sein Moralgesetz, also den Beweis der Möglichkeit sittlichen Handelns, ab.

 

das unten in mehrere Teile aufgeteilte Schaubild findest du hier als vollständige PDF

Schaubild 2

Schaubild

Klausurtext

Tragfähigkeit

  • Kopernikanische Wende: Kant verlagert den Fokus von der Erkenntnis des Objekts auf die Bedingungen im Subjekt → bietet neue Perspektive in der Erkenntnistheorie
  • er unterscheidet zwischen a priori und a posteriori Erkenntnissen, was eine tiefere Analyse der Grundlagen unseres Wissens ermöglicht
  • die Kategorientafel bietet eine systematische Ordnung der Begriffe, die für jede mögliche Erfahrung notwendig sind
  • Unabhängigkeit von empirischer Erfahrung durch Raum und Zeit als reine Formen der Anschauung ermöglichen Erklärung, wie mathematische Erkenntnisse a priori möglich sind
  • verdeutlicht die Grenzen menschlicher Erkenntnis (durch die Ideen und Antinomien) und schützt so vor metaphysischen Spekulationen
  • Kants Erkenntnistheorie bietet die Grundlage zum Beweis der Möglichkeit moralischen Handelns → Fundament für den kategorischen Imperativ

 

  • Ansatz ist komplex und theoretisch anspruchsvoll, was zu Schwierigkeiten in der praktischen Anwendbarkeit führt
  • Betonung der subjektiven Bedingungen der Erkenntnis wirft die Frage auf, inwieweit objektive Erkenntnis (s. Moralgesetz) möglich ist
  • Willkür der Kategorien: Kritiker argumentieren, dass Kants Auswahl der Kategorien willkürlich und nicht notwendig ist
  • Problem des Noumenon: die Annahme von Dingen an sich, die wir nicht erkennen können, wird oft als problematisch und widersprüchlich angesehen
    → Beziehung zwischen Phänomenon und Noumenon bleibt unklar

 

Teste dein Wissen

Die KrV dreht sich um die Frage „Was kann ich wissen?“.
Das Hauptziel von Kants Werk ist es, die Grenzen und Möglichkeiten der reinen Vernunft und mit ihr der menschlichen Erkenntnis zu bestimmen.

 

Erkenntnisse a priori sind unabhängig von Erfahrung und gelten allgemein und notwendig, wie etwa die Mathematik. Erkenntnisse a posteriori beruhen auf Erfahrung und sind spezifisch, dadurch also nicht notwendig und nicht allgemeingültig.

Um analytische Urteile handelt es sich genau dann, wenn das Prädikat im Subjekt enthalten ist. Kant führt als Beispiel „Körper sind ausgedehnt“ an.
Damit etwas ein Körper ist, muss es eine ausgedehnte Substanz sein.

Synthetische Urteile sind genau solche, in denen Subjekt und Prädikat nicht zusammenfallen und dem Subjekt neue Informationen hinzufügen, z.B. „Der Apfel ist rot“.
Der Begriff rot gehört nicht notwendig zum Begriff des Apfels, denn es gibt bspw. auch grüne Äpfel.

Laut Kant sind es die synthetischen Urteile a priori, die das menschliche Wissen erweitern. Kant definiert sie als zusammengesetzt, unabhängig von Erfahrung und notwendig. Ein Beispiel dafür ist der mathematische Satz „5+7=12“.

Weitere Beispiele:

  • Cogito ergo sum
  • a² + b² = c²

 

Kant wendet die kopernikanische Wende auf den menschlichen Verstand an und postuliert, dass nicht unserer Verstand sich nach den Objekten unserer Wahrnehmung richtet, sondern die Objekte der Wahrnehmung sich nach unserem Verstand und unseren Erkenntnisbedingungen richten.

Er behauptet, die Struktur unserer Erkenntnis formt unsere Welt und definiert den Verstand als das „zentrale Maß aller Dinge„.

 

Die Welt des Phänomenon ist die Welt der Erfahrung, also die Welt wie sie uns erscheint, geordnet durch Raum und Zeit und die Kategorien des Verstandes.

Die Welt des Noumenon ist die Welt der Dinge an sich, die das menschliche Erkenntnisvermögen übersteigt und uns somit prinzipiell unzugänglich bleibt.
Teil der noumenalen Welt sind laut Kant die transzendentalen Ideen, die Antinomien, die Freiheit und damit auch die Existenz eines absolut geltendes Moralgesetzes.

Kant bezeichnete Raum und Zeit als reine Formen der Sinnlichkeit. Ihre Notwendigkeit folgt daraus, dass sie unseren Anschauungen a priori zugrunde liegen und wir alles nur als innerhalb des Raumes und innerhalb der Zeit existierend begreifen können.

Charakteristika von Raum und Zeit:

  1. Raum und Zeit sind Vorstellungen a priori und somit notwendig;
  2. Zeitabschnitte sind nur nacheinander und Räume nur nebeneinander denkbar;
  3. Es existiert nur ein Raum und nur eine Zeit, die erst der Verstand in kleinere Teile trennt;
  4. Als Formen der Sinnlichkeit a priori sind Raum und Zeit unendlich gegebene Größen.

 

Der Raum ist eine notwendige Vorstellung, a priori, die allen äußeren Anschauungen zum Grunde liegt. Man kann sich niemals eine Vorstellung davon machen, daß kein Raum sei, ob man sich gleich ganz wohl denken kann, daß keine Gegenstände darin angetroffen werden.

das Zugleichsein oder Aufeinanderfolgen würde selbst nicht in die Wahrnehmung kommen, wenn die Vorstellung der Zeit nicht a priori zum Grunde läge. Nur unter deren Voraussetzung kann man sich vorstellen: daß einiges zu einer und derselben Zeit (zugleich) oder in verschiedenen Zeiten (nach einander) sei.

Sie [die Zeit] hat nur eine Dimension: verschiedene Zeiten sind nicht zugleich, sondern nach einander (so wie verschiedene Räume nicht nach einander, sondern zugleich sind). Diese Grundsätze können aus der Erfahrung nicht gezogen werden. […] Diese Grundsätze gelten als Regeln, unter denen überhaupt Erfahrungen möglich sind, und belehren uns vor derselben, und nicht durch dieselbe.

Die Kategorien des Verstandes sind apriorische Denkformen, die unsere empirischen Anschauungen, d.h. Sinneswahrnehmungen, ordnen. Sie sind transzendental und bilden die Bedingung der Möglichkeit von Erfahrung.

Durch die Kategorien kann der Mensch logische Urteile bilden und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Vorgängen verstehen. Bspw. versteht der Mensch durch die Kategorie der Kausalität, dass sein Kaffee kalt geworden ist, weil er ihn so lange hat rumstehen lassen.
Hierbei ist wichtig zu verstehen, dass sich die Kategorien nicht wahrnehmen, sondern nur denken lassen, denn sie sind keine Sinneswahrnehmungen, sondern Ordnungsentitäten, die unser Verstand anwendet.

Obgleich die Kategorien genauso notwendige, apriorische Formen sind wie Raum und Zeit, sind jene grundlegend von diesen unterschieden.
Raum und Zeit sind apriorische Formen der Sinnlichkeit und ordnen allen Anschauungen (transz. Ästhetik).
Die Kategorien hingegen sind apriorische Formen des Verstandes und ordnen unser Denken und unsere Urteile (transz. Logik).

Die Antinomien der reinen Vernunft zeigen, dass die Vernunft ohne Bezug auf Erfahrung zu Widersprüchen führt. Schaut man sich z.E. die Antinomie von Raum und Zeit an, sieht man, dass die Vernunft sowohl denken kann, dass die Welt einen Anfang in der Zeit hat, als auch, dass sie keinen Anfang hat. Diese Widersprüche verdeutlichen zeigen die Grenzen menschlicher Erkenntnis.

wichtige Erkenntnisse der KrV:
1. Der Mensch kann Erkenntnis nur durch die Synthese von Erfahrung und Verstand gewinnen.
2. Sichere Erkenntnis ist in Form von analytischen und synthetischen Urteilen a priori möglich.
3. Der Mensch darf sich nicht unternehmen, das Unbedingte und Absolute (s. transzendentale Ideen & Antinomien) zu beweisen, weil er sich sonst in Widersprüchen verfängt.

→ Kants Überlegungen zeigen, dass die menschliche Erkenntnis auf die Welt der Erscheinungen beschränkt ist und wir die Dinge an sich nicht vollständig begreifen können.

Darüber hinaus legt Kant die Grundlage für den Beweis der Möglichkeit sittlichen Handelns durch die Freiheit. Er zeigte, dass die Kausalität der Natur und die Freiheit des Menschen sich nicht widersprechen, sondern nebeneinander existieren können – die Kausalität als Teil des Phänomenon, die Freiheit als Teil des Noumenon.

Lernmaterial

Einen guten Überblick zum Kritizismus bilden die folgenden Videos:
Immanuel Kant – Kritizismus | Philoworks

Immanuel Kant – Erkenntnistheorie – Transzendentalphilosophie – Abitur Wissen Philosophie und Ethik

 

Das merke ich mir:
1. Erkenntnis erfolgt durch die Synthese von Erfahrung und Verstand
2. Sichere Erkenntnis ist in Form von analytischen und synthetischen Urteilen a priori möglich
→ Dadurch kann Kant den kategorischen Imperativ aufstellen; Die KrV bietet also eine Grundlage für den Beweis der Möglichkeit sittlichen Handelns (durch die Freiheit)
3. Der Mensch darf sich nicht unternehmen, das Unbedingte und Absolute zu beweisen, weil er sich sonst in Widersprüchen verfängt